Saiten - Werkstoffe
Nylon / Dederon
Die wohl bekannteste Kunstfaser mit dem Markennamen Nylon stammt von DuPont und besteht aus Polyamid 6.6 (PA 6.6 = Polyhexamethylenadipamid).
Erfunden 1935 von Wallace Carothers als sehr feine Faser für Damenstrumpfhosen. Der Begriff "Nylons" hat sich bis heute etabliert.
Allerdings erlangte das Material ab 1938 einen größeren Durchbruch in Form von Angelsehnen und als Werkstoff für die Rüstungsindustrie (Reinigungsbürsten für Gewehrläufe, Fallschirme usw.). Vor dem deutsch-deutschen Mauerfall 1989 stellte man die patentrechtlich geschützte Nylon-Faser in der DDR unter dem Eigennamen Dederon her.
Eine "rohe" Nylonfaser aus der Maschine ist nicht perfekt rund und schwingt in der Form einer Musiksaite nicht klar und gleichmäßig genug. Um eine bundreine Saite daraus herzustellen wird die Faser rund geschliffen (rektifiziert). Die Oberfläche der Nylonsaite ist dann leicht matt und rau.
Nylon wird seit Ende des vergangenen Jahrtausends (also vor dem Jahr 2000) praktisch gar nicht mehr mehr als Hauptbestandteil einer Musiksaite verwendet. Lediglich bei einigen Instrumenten aus dem asiatischen Raum im untersten Preissegment kommt auch aktuell noch (meist ungeschliffenes !) Nylon bzw. Dederon als billigstes Saitenmaterial zum Einsatz.
Bei Bass-Saiten findet man Nylon-Seide noch als Füllmaterial zwischen dem Saitenkern und der Umspinnung.
Nylon nimmt etwa 3,2 % Luftfeuchtigkeit auf und hat einen Schmelzpunkt von ca. 250 Grad Celsius.
Spezifisches Gewicht 1140 kg/m³
Bruchlast 300 N/mm²
Tynex
Tynex ist ebenfalls ein Markenname von DuPont. Allerdings handelt es sich hier um Polyamid 6.12 (PA 6.12 = Polyhexamethylendodecandiamid).
Jeder von uns benutzt das Material täglich in Form von Borsten an einer Zahnbürste (dann heisst der Produktname z.B. Tynex-A oder Herox).
Eine Tynex-Saite ist vom Klang reiner, stimmstabiler und schwingt etwas freier. Zudem verhält sich Tynex auf Griffbrett-Instrumenten bundreiner.
Reden wir im Zusammenhang mit Instrumenten umgangssprachlich von Kunststoffsaiten, meinen wir Tynex-Saiten, auch wenn wir fälschlich Nylon sagen. Jedenfalls sofern es sich um halbwegs aktuelle Instrumente der letzten 20-30 Jahre handelt und wir nicht unbedingt ein Low-Budget Instrument aus Fernost in den Händen halten.
Einige Saitenhersteller verkaufen auch im heutigen Produktportfolio noch Nylon-Saiten (Pyramid, Kürschner, Savarez usw.). Man bekommt dann üblicherweise aber Tynex-Saiten.
Der Unterschied zwischen Nylon und Tynex ist zwar relativ klein aber trotzdem wichtig. Man sollte eine Nylon-Saite nicht einfach gedankenlos durch eine Tynex-Saite gleicher Stärke ersetzen. Durch das unterschiedliche, spezifische Gewicht (Tynex ist 73 kg/m³ leichter als Nylon) haben die Saiten bei gleicher Dicke eine unterschiedliche Zugspannung und Bruchlast!
Tynex nimmt nur 1,4 % Luftfeuchtigkeit auf und ist damit deutlich stimmstabiler als Nylon. Der Schmelzpunkt liegt bei 220 Grad Celsius.
Spezifisches Gewicht 1067 kg/m³
Bruchlast 307 N/mm²
Perlon
ist die deutsche Alternative zu Nylon. Entwickelt 1938 von der I.G. Farbenindustrie AG. Diese Kunststofffaser besteht aus Polyamid 6 (PA 6 = Polycaprolactam). Obwohl Perlon ein annähernd gleiches spezifische Gewicht wie Nylon aufweist und es sich vom Griffgefühl auch ähnlich anfasst, ist das Material von den Klangeigenschaften nicht "rein" genug für die Verwendung einer glatten Musiksaite. Nach dem Extrudieren "erstarrt" die Oberfläche leicht rauh/matt und hat leichte Lufteinschlüsse. Allerdings kommt es bei alpenländischen Volksharfen und Zithern als Umspinnungsmaterial der leichteren Bass-Saiten oft zum Einsatz. Umgangssprachlich reden wir dann von einem Nylon-Kern mit Nylon-Umspinnung - meinen aber einen Tynex-Kern mit Perlon-Umspinnung oder Aramid-Faserbündeln mit Perlon-Umspinnung.